Dieser Text ist ein Auszug aus meinem Roman Josefine und der Sommermörder, Kapitel 4. Er dreht sich um Sterne. Deshalb passt er hierher. Josefine ist Hutmacherin, sie kann mit Tieren und Dingen reden, auch mit der Sternennacht. Das mag sich absonderlich anhören und ein bisschen weit hergeholt sein, ist aber durchaus charmant und ergibt meistens auch Sinn. Auf eine fantasievolle, josefinige Weise versteht sich.
Ich vermische realistische Elemente mit surrealen und phantastischen Zügen, was einen magisch-realistischen Ansatz ergibt. Die Sprache ist metaphorisch und lyrisch, mit einer starken Betonung auf Naturbildern und Motiven.
Die Erzählperspektive wechselt zwischen einer personalen Erzählsituation (fokussiert auf die Hobbyermittlerin Josefine) und surrealen Dialogpassagen, in denen die Sternennacht personifiziert wird. Das soll dem Text eine traumähnliche, ja halluzinatorische Qualität verleihen, so es denn klappt.
Tatsächlich geht es in dem Buch um einen Mord, es ist Cosy Crime, so nennt sich dieses Genre. Das Buch ist aber nicht oberflächlich, sondern durchaus mit Tiefe, immer wieder driftet es ins Magische ab, das Josefine eben überall erkennt.
Irgendwo zwischen Realität und Imagination, zwischen dem Alltäglichen und dem Fantastischen. Die Geschichte spielt in Bernburg, in Sachsen-Anhalt. Es ist kein Gedicht, aber ich wollte sie dir zeigen ...
Josefine hatte sich in die Nacht gesetzt. Allein auf der Dachterrasse sass sie. Sie, die so gerne schlief und sich dabei ihren Träumen hingab, hatte nun Mühe damit. Düstere Bilder verfolgten sie. Sie hatte den Tod gesehen, und der ließ sie nun nicht mehr schlafen. Die Nacht war kühl, aber nicht kalt. Der Pfirsichmond zog auf und machte es ihr warm ums Herz. Die Sternendecke trat hervor, als ihre Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten.
All diese Sterne nur für sie. Hätte ein einziger nicht genügt? Der Himmel war wie eine schwarze Hutkrempe, in die jemand tausend Löcher gestochen hatte. Die Menschen sahen sie von unten, staunten und rätselten über den Sinn.
»Es ist doch nur ein Hut«, rief sie ihnen zu. »Mehr ist da nicht.«
Aber die Leute vermuteten mehr. Das ist ihre Art. Wenn man doch nur durch eines dieser Löcher würde hindurchsehen können, dann wüsste man es, dann wüsste man alles. Doch was würde man sehen? Eine bessere Welt oder doch nur wieder sich selbst?
»Es ist doch nur ein Hut«, wiederholte Josefine.
»Meine Güte, vielleicht sind das keine Löcher, man könnte meinen, das ist nur Deko. Ein bisschen Glitzer von hier und irgendwo für euch da oben hingesteckt, festgepinnt, angenagelt und draufgeklebt. Zu eurem Vergnügen ist das gemacht. Was dachtet ihr denn? Für einen kurzen wahren Moment im Sein. Mehr ist es nicht. Also fragt auch nicht.«
Sternennacht: »Durchglitzere ich Sie gut?«
Josefine: »Ich kann nicht klagen.«
Sternennacht: »Ich könnte es Schnuppen regnen lassen. Ein Feuerwerk für Sie, wenn Sie möchten.«
Josefine: »Das wäre mir zu viel Betrieb. Heut hätt ich’s gern ein bisschen ruhiger. Einlullend wäre auch schön.«
Diamantene Stille war auf pures Schwarz gestickt. Das Sternenkleid war endlos lang und vollständig gewichtslos. Es trug sich kühl. Sterne sind gefrorene Tränen, weil auch der Himmel manchmal traurig ist. Er weint um die gefallenen Sterne. Oder um das, was er drunten sieht. Denn der Himmel sieht alles.