
So dunkel der Winter auch sein mag, eines Tages naht der Frühling, und das Leben erwacht von Neuem. Mit poetischen, fast vergessenen Begriffen und zarten Wortträumereien fängt diese kleine Sammlung den Hauch des Frühlings und der Maienzeit ein. Geduldig erwartet und schließlich mit Jubel begrüßt, bringt der Frühling eine Zeit neu erblühender Liebe und Hoffnung.
Der Frühling ist nicht nur eine Jahreszeit, sondern auch ein Symbol für die Jugend und Neuanfänge im Leben. Tief in die deutsche Sprache eingetaucht, bringt dieses Kapitel vergessene Schätze ans Licht und feiert die Rückkehr des Frühlings in all seinen Facetten.
Grüne, frische und sonnige Worte lassen die Natur und die alte Zeit in neuem Glanz erstrahlen und laden zum Lesen, Verweilen und Träumen ein. Siehe auch: 10 der schönsten und bekanntesten Frühlingsgedichte ins Bild gesetzt
August Heinrich Hoffmann von Fallersleben
Willkommen, junge fremde Fee
Voll Anmut, Mild‘ und Güte,
So rein wie frisch gefallner Schnee,
So schön wie Maienblüte!
Nataly von Eschstruth
Rosen werden meine Träume,
Lachend Maigrün die Gedanken,
Zwischen welchem Phantasien
Traumhaft, bleich wie Lilien, schwanken.
Hermann Löns
Tief unter einen Schirm gebogen,
So irren wir die Straß‘ entlang,
Umbraust von Regensturmes Wogen –
O Maiengrün und Vogelsang …
Ludwig Gotthard Kosegarten
Und immer gleicher Liebe – im Donnersturm,
Und Maienkühl – im Blitzgeschlängel
Und in den Blumen des Regenbogens.
Der Dürner (Minnesänger)
Denn in ihren Augen
Sah ich Mailust hell und klar.
Nikolaus Lenau
Lieblich war die Maiennacht,
Silberwölklein flogen,
Ob der holden Frühlingspracht
Freudig hingezogen.
Schlummernd lagen Wies´ und Hain,
Jeder Pfad verlassen;
Niemand als der Mondenschein
Wachte auf der Straßen.
Ludwig Uhland
Die Höh‘ erschien in goldnem Maienstrahle
Und Frühlingsruf ertönte durch die Wipfel.
Ernst Moritz Arndt
O der süße, grüne Wald,
Wo wir einst in Wonne klangen,
Wo wir spielten, wo wir sangen,
Wo wir tanzten Maientänze,
Wo wir pflückten Maienkränze,
O der süße, grüne Wald!
Max Dauthendey
Nur der Buchfink singt an den sonnigen Plätzen;
Dazwischen schweigt der verliebte Maiwald in langen Sätzen.
Theodor Däubler
Nur der Maiwind kann tanzen.
Friedrich Rückert
Alles ist so mailich im Mai,
Der Nachtigall Sang, des Kuckuks Schrei,
Des Baches Rieseln, der Lüfte Hauch,
Und der säuselnde Blütenstrauch …

Ludwig Uhland
Die linden Lüfte sind erwacht,
Sie säuseln und weben Tag und Nacht.
Karl Immermann
Süßer, goldner Frühlingstag!
Inniges Entzücken!
Wenn mir je ein Lied gelang,
Sollt‘ es heut nicht glücken?
Friedrich August Leo
O Wiedersehn, du schönes Wort
Voll heiterm Frühlingsglühen,
Mich treibt’s hinaus, in die Weite fort,
Dahin, wo die Blumen blühen.
Rainer Maria Rilke
Es schlich von Deiner Lippen Saum
Ein Lächeln auf verlornem Pfade –
Ganz leis. Die Andern merkten’s kaum.
So weht ein Blatt vom Blütenbaum:
Nur Einer schaut die Frühlingsgnade
Und der sie schaut, ist wie im Traum.
Anton Roth
Sei mir gegrüßt, du frühlingsgold’ner Morgen,
Vom zarten Grün mit Maienluft umsäumt,
Es schwirret, flüstert bunt um mich im Kreise,
Es schmolz das Eis und neues Leben keimt.
Joseph von Eichendorff
Und wir nah’n noch halb in Träumen,
Und wir tun in Klängen kund,
Was da draußen in den Bäumen
Singt der weite Frühlingsgrund.
Friedrich Rückert
Wie aus Frühlingshimmeln reiner
Regen sprüht und Sonne scheint,
Lächelt mild ein Auge meiner
Liebsten, und das andre weint.
Eduard Mörike
Hier lieg‘ ich auf dem Frühlingshügel,
Die Wolke wird mein Flügel,
Ein Vogel fliegt mir voraus.
Carl Gärtner
Durch meinen schweren Wintertraum
Ziehn helle Frühlingsklänge.
Theodor Körner
Wie das Auge so blau und frühlingsklar,
Der Mund so lieblich, so golden das Haar.
Heinrich Heine
Das blöde Volk gehorcht dem ersten Ruf;
Die Männer ziehn die Nankinhosen an,
Und Sonntagsröck‘ mit goldnen Spiegelknöpfen;
Die Frauen kleiden sich in Unschuldweiß,
Jünglinge kräuseln sich den Frühlingschnurrbart,
Jungfrauen lassen ihre Busen wallen,
Die Stadtpoeten stecken in die Tasche
Papier und Bleistift und Lorgnett‘; und jubelnd
Zieht nach dem Tor die krausbewegte Schar.

Hermann Rollett: Gleiches Los
Des Lichtes Kuss, der Lüfte Hauch
Erweckt im Lenz die Rose,
Und tausend Blätter treibt der Strauch
Im Frühlingsliebgekose.
Friedrich Rückert: Ich hör‘ ein Frühlingslüftchen sag‘ ich
Ich hör‘ ein Frühlingslüftchen sag‘ ich;
Es ist ein Wintersturmwind, sagst Du.
Nur nach dem alten Winter fragst Du,
Nur nach dem neuen Frühling frag‘ ich.
Friedrich Hebbel: Ein Maientag
Das war ein Tag voll Frühlingsauferstehn …
Herz, laß auch uns dem Lenz entgegensehn!
Adolf Ebeling: Jenny, die schwedische Sängerin
Leise spielen die Blüten
Am duftenden Frühlingsbaum;
Draußen schimmert die Mondnacht
Silberner Wundertraum.
Hermann Rollett: Frühlingssturm
Und auch das Herz des Menschen bebt
Im Frühlingssturmgebraus,
Es dehnen sich, wie neubelebt,
Der Seele Flügel aus.
Ludwig Tieck: Leben und Tod der heiligen Genoveva
Schaut um euch, wie der Frühling aufgegangen,
Im jungen Laube neues Leben spielt,
Wie hold in ihrer Blüt‘ die Bäume prangen,
Im Zweig der Vogel sich vergnüglich fühlt,
Schon färben sich der Blumen zarte Wangen,
Die Winterfrost im dunkeln Hause hielt,
Allseitig fühlt die Welt ein muntres Regen
Und drängt sich süß dem Frühlingsglanz entgegen.
Nikolaus Lenau: Der Postillon
Lieblich war die Maiennacht,
Silberwölklein flogen,
Ob der holden Frühlingspracht
Freudig hingezogen.
Schlummernd lagen Wies´ und Hain,
Jeder Pfad verlassen;
Niemand als der Mondenschein
Wachte auf der Straßen.
Ernst Moritz Arndt: Der grüne Wald
O der süße, grüne Wald,
Wo wir einst in Wonne klangen,
Wo wir spielten, wo wir sangen,
Wo wir tanzten Maientänze,
Wo wir pflückten Maienkränze,
O der süße, grüne Wald!
Richard Schmidt-Cabanis: Lachende Lieder
Gleich jungem Frühlingsmorgenrot,
Darin das heiße Verlangen
Des liebebedürftigen Himmels loht,
Erglühen deine Wangen …
Nikolaus Lenau: Frühlingsblick
Durch den Wald, den dunkeln, geht
Holde Frühlingsmorgenstunde,
Durch den Wald vom Himmel weht
Eine leise Liebeskunde.
Else Lasker-Schüler: Frühling
Wir wollen wie der Mondenschein
Die stille Frühlingsnacht durchwachen,
Wir wollen wie zwei Kinder sein.
Du hüllst mich in dein Leben ein
Und lehrst mich so wie du zu lachen.
Friedrich Rückert: Mailich
Alles ist so mailich im Mai,
Der Nachtigall Sang, des Kuckuks Schrei,
Des Baches Rieseln, der Lüfte Hauch,
Und der säuselnde Blütenstrauch …

Joseph von Eichendorff: Auf meines Kindes Tod
Und wie in gold’nen Träumen
Geht linder Frühlingswind
Rings in den stillen Bäumen –
Schlaf wohl mein süßes Kind!
Emanuel Geibel: Lied
Müde Seele, hoffe nur,
Morgen kommt die Sonne,
Und du blühst mit Wald und Flur
Hell in Frühlingswonne
Ludwig Uhland
Seid mir gegrüßt mit Frühlingswonne,
blauer Himmel, goldne Sonne.
Friedrich Rückert: Liebesfrühling
Ein empfindungsblütenweiches
Ich im Frühlingsduftgestiebe.
Annette von Droste-Hülshoff
Das üpp’ge Moos – der Lerchen Lieder –
Der Blumen Flor – des Krautes Keim –
Auf meinen Mantel saß ich nieder
Und sann auf einen Frühlingsreim.
Karl Friedrich Hartmann Mayer
Beim Rot der Frühlingsrosen
Denk‘ ich an Lieb‘ und Kosen.
Eduard Mörike: Maler Nolten
Hier lieg‘ ich auf dem Frühlingshügel,
Die Wolke wird mein Flügel,
Ein Vogel fliegt mir voraus.
Friedrich Rückert: Liebesfrühling
Schönes Glück von kurzer Dauer,
Flücht’ger Lenz der Menschenbrust,
Sonnenblicke, Tränenschauer,
Frühlingswehmut, Liebeslust.
Joseph von Eichendorff
Über’n Garten durch die Lüfte
Hört‘ ich Wandervögel zieh’n,
Das bedeutet Frühlingsdüfte,
Unten fängt’s schon an zu blüh’n.
Frida Schanz: Singe, Nachtigall!
Die Nachtigall singt durch die Blütennacht
Ihr Lied voll jubelnder Frühlingspracht.
Wie silberne Wolken stehn Büsche und Bäume.
Es gibt eine Seligkeit nächtlicher Träume,
Die wallt wie Weihrauch ins weite All.
Singe, singe, Nachtigall!
Friedrich Rückert: Liebesfrühling
Wie aus Frühlingshimmeln reiner
Regen sprüht und Sonne scheint,
Lächelt mild ein Auge meiner
Liebsten, und das andre weint.
Rainer Maria Rilke: Sehnsuchtsgedanken
Mächtig zieht ein Frühlingssehnen
durch das traumestrunkne Tal –
wenn des Mondes milder Strahl
glitzert in des Taues Tränen ….
Hermann Rollett: Ein Träumer
Wie die Blüte, die im Lichte
hängt am freudig-grünen Baum,
Als des heiterschönen Lebens
heller Liebesfrühlingstraum!
Christian Samuel Gottlieb Ludwig Nagel
Lieb‘ und Lenz wie schnell verschwunden!
Ach! Ihr goldenen Frühlingsstunden!
Ludwig Tieck: Phantasus
Im Frühlingsglanze schimmert Wald und Flur,
Und Liebe leuchtet und flimmert
Und waltet beseelend in der ganzen Natur.
Eduard Mörike
Wenn, von der blausten Frühlingsmitternacht entzückt,
Oft aus der Gartenlaube weg vom Zechgelag
Mein hochgestimmter Freund mich noch hinausgelockt,
Die offne Straße hinzuschwärmen raschen Gangs,
Wir Jünglinge, des Jugendglückes Übermaß.
Friedrich Otte (Johann Georg Zetter): Der fahrende Schüler
Und vor dem aufgeschlagnen Buch
Beginnt er manchen Zauberspruch;
Derweil er liest, durchblitzt den Saal
Ein goldner Strahl mit einem Mal.
Ha, welch ein Licht! Ha, welch ein Flimmer!
Ein Wunderfrühling schmückt das Zimmer.

Adjektive, die wir mit dem Mai verbinden
blühend, frisch, mild, sonnig, erwachend, grün, belebend, duftend, wachsend, heiter, farbenfroh, lebendig, hoffnungsvoll, romantisch, frühlingshaft, erneuernd, warm, erblühend, zart, verheißungsvoll, strahlend, energiegeladen, sprießend, lieblich
Die Collagen erschuf DALL-E mit Microsoft Designer. Farbpalette von Claude. Zitate nach: Das Frühlingsbuch der schönen Wörter von Lenny Löwenstern.