Hier sind einige der bekanntesten und renommiertesten Gedichte der deutschen Klassik - und zwar im Bild. Alte Verse treffen auf modernste Technik.
Visualisiert wurden die allseits bekannten Gedichte von der künstlichen Intelligenz DALL-E. Schau, was sie daraus gemacht hat und wie sie die Texte interpretiert. In der Regel weiß die KI selbst ein Gedicht zeitlich und stilistisch einzuordnen, man muss ihr das nicht sagen.
Gedichte Inhaltsverzeichnis
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Erlkönig / Johann Wolfgang von Goethe
Wer reitet so spät durch Nacht und Wind?
Es ist der Vater mit seinem Kind;
Er hat den Knaben wohl in dem Arm,
Er fasst ihn sicher, er hält ihn warm.Mein Sohn, was birgst du so bang dein Gesicht? –
Siehst, Vater, du den Erlkönig nicht?
Den Erlenkönig mit Kron’ und Schweif? –
Mein Sohn, es ist ein Nebelstreif. –„Du liebes Kind, komm, geh mit mir!
Gar schöne Spiele spiel’ ich mit dir;
Manch’ bunte Blumen sind an dem Strand,
Meine Mutter hat manch gülden Gewand.“ –Mein Vater, mein Vater, und hörest du nicht,
Was Erlenkönig mir leise verspricht? –
Sei ruhig, bleibe ruhig, mein Kind;
In dürren Blättern säuselt der Wind. –„Willst, feiner Knabe, du mit mir gehn?
Meine Töchter sollen dich warten schön;
Meine Töchter führen den nächtlichen Reihn
Und wiegen und tanzen und singen dich ein.“ –Mein Vater, mein Vater, und siehst du nicht dort
Erlkönigs Töchter am düstern Ort? –
Mein Sohn, mein Sohn, ich seh’ es genau:
Es scheinen die alten Weiden so grau. –„Ich liebe dich, mich reizt deine schöne Gestalt;
Und bist du nicht willig, so brauch’ ich Gewalt.“ –
Mein Vater, mein Vater, jetzt fasst er mich an!
Erlkönig hat mir ein Leids getan! –Dem Vater grauset’s; er reitet geschwind,
Er hält in den Armen das ächzende Kind,
Erreicht den Hof mit Mühe und Not;
In seinen Armen das Kind war tot.
Goethe thematisiert die Macht des Übernatürlichen und die Unfähigkeit des Menschen, sich dem Unausweichlichen zu entziehen. Das Gedicht schildert den verzweifelten Ritt eines Vaters, der versucht, sein krankes Kind zu retten, während das Kind vom Erlkönig, einer bedrohlichen Gestalt, in eine tödliche Welt gelockt wird. Es ist ein Meisterwerk der deutschen Romantik, das Angst, Tod und die Kluft zwischen Realität und Fantasie eindrucksvoll darstellt.
Mondnacht / Joseph von Eichendorff
Es war, als hätt der Himmel
Die Erde still geküßt,
Daß sie im Blütenschimmer
Von ihm nun träumen müßt.Die Luft ging durch die Felder,
Die Ähren wogten sacht,
Es rauschten leis die Wälder,
So sternklar war die Nacht.Und meine Seele spannte
Weit ihre Flügel aus,
Flog durch die stillen Lande,
Als flöge sie nach Haus.
Das Gedicht entstand um 1835 in der deutschen Spätromantik. Es zählt zur Naturlyrik. Der Text ist im alternierenden Versmaß mit Auftakt, drei jambischen Hebungen und wechselnder Kadenz geschrieben, und wird als halbe Hildebrandsstrophe bezeichnet. Robert Schumann vertonte das Gedicht 1840, und Johannes Brahms folgte 1853, wobei das Werk bis Ende des 19. Jahrhunderts über 40 Vertonungen erfuhr.
Das Lied von der Glocke / Friedrich Schiller
1. Stophe
Fest gemauert in der Erden
Steht die Form aus Lehm gebrannt.
Heute muß die Glocke werden!
Frisch, Gesellen, seid zur Hand!
Von der Stirne heiß
Rinnen muß der Schweiß,
Soll das Werk den Meister loben;
Doch der Segen kommt von oben.
Der vollständiger Text bei Zeno, das Gedicht ist recht lang. Das Werk verwendet die Herstellung einer Glocke als Metapher für das menschliche Leben und dessen Stationen. Dementsprechend thematisiert die verschiedenen Phasen des Lebens – von der Jugend über die Liebe, das Erwachsensein, die Arbeit bis hin zum Tod – und spiegelt die universellen Erfahrungen und Herausforderungen wider, denen Menschen im Laufe ihres Lebens begegnen.
Die Loreley / Heinrich Heine
Ich weiß nicht, was soll es bedeuten,
daß ich so traurig bin;
ein Märchen aus alten Zeiten,
das kommt mir nicht aus dem Sinn.Die Luft ist kühl und es dunkelt,
und ruhig fließt der Rhein;
der Gipfel des Berges funkelt
im Abendsonnenschein.Die schönste Jungfrau sitzet
dort oben wunderbar;
ihr goldnes Geschmeide blitzet,
sie kämmt ihr goldenes Haar.Sie kämmt es mit goldenem Kamme
und singt ein Lied dabei;
das hat eine wundersame,
gewaltige Melodei.Den Schiffer im kleinen Schiffe
ergreift es mit wildem Weh;
er schaut nicht die Felsenriffe,
er schaut nur hinauf in die Höh.Ich glaube, die Wellen verschlingen
am Ende Schiffer und Kahn;
und das hat mit ihrem Singen
die Lore-Ley getan.
Heine schrieb das Gedicht im Jahr 1823. Es wurde später in seinem Werk Buch der Lieder (1827) veröffentlicht und zählt zu den bekanntesten deutschen Gedichten. Das Gedicht thematisiert unerfüllte Liebe, Sehnsucht und das Schicksal, indem es die Sage der Loreley aufgreift. Heines melancholische, aber zugleich einfache Sprache macht es zu einem der bekanntesten Werke der deutschen Romantik.
Hälfte des Lebens / Friedrich Hölderlin
Mit gelben Birnen hänget
Und voll mit wilden Rosen
Das Land in den See,
Ihr holden Schwäne,
Und trunken von Küssen
Tunkt ihr das Haupt
Ins heilignüchterne Wasser.Weh mir, wo nehm ich, wenn
Es Winter ist, die Blumen, und wo
Den Sonnenschein,
Und Schatten der Erde?
Die Mauern stehn
Sprachlos und kalt, im Winde
Klirren die Fahnen.
Das Gedicht beschreibt die Dualität des menschlichen Daseins. Es beschreibt die Schönheit und Fülle des Lebens in der ersten Hälfte, symbolisiert durch die Blütezeit der Natur, und stellt diese der Vergänglichkeit und dem nahenden Verfall der zweiten Lebenshälfte gegenüber. Es ist Hölderlins Auseinandersetzung mit der Vergänglichkeit, der Melancholie und der unausweichlichen Veränderung, die das Leben prägen. Es ist ein Ausdruck der tiefen Zerrissenheit zwischen der Sehnsucht nach Beständigkeit und der Realität des Vergehens.
Ich sehe dich in tausend Bildern ... / Novalis
Ich sehe dich in tausend Bildern,
Marie, lieblich ausgedrückt,
Doch keins von allen kann dich schildern,
Wie meine Seele dich erblickt.Ich weiß nur, dass der Welt Getümmel
Seitdem mir wie ein Traum verweht,
Und ein unnennbar süßer Himmel
Mir ewig im Gemüte steht.
Das Gedicht drückt die unerreichbare Tiefe der Liebe aus. Kein Bild kann die Geliebte erfassen, wie sie in der Seele des lyrischen Ichs erscheint. Die Welt wird unwichtig, während eine süße, fast himmlische Empfindung das Innere erfüllt. Das ist ein klassischer Ausdruck der romantischen Sehnsucht und Transzendenz, die bei Novalis recht oft zu finden ist. Hier ist eine weitere Visualisierung:
Heidenröslein / Johann Wolfgang von Goethe
Sah ein Knab’ ein Röslein stehn,
Röslein auf der Heiden,
War so jung und morgenschön,
Lief er schnell es nah zu sehn,
Sah’s mit vielen Freuden.
Röslein, Röslein, Röslein roth,
Röslein auf der Heiden.Knabe sprach: ich breche dich,
Röslein auf der Heiden!
Röslein sprach: ich steche dich,
Daß du ewig denkst an mich,
Und ich will’s nicht leiden.
Röslein, Röslein, Röslein roth,
Röslein auf der Heiden.Und der wilde Knabe brach
’s Röslein auf der Heiden;
Röslein wehrte sich und stach,
Half ihm doch kein Weh und Ach,
Mußt’ es eben leiden.
Röslein, Röslein, Röslein roth,
Röslein auf der Heiden.
Das Gedicht ist eine Allegorie auf das Spannungsverhältnis zwischen männlichem Werben und weiblicher Zurückhaltung, oft interpretiert als Metapher für die Vergänglichkeit von Schönheit und die unerbittliche Natur der Liebe. Durch sein volkstümliches Metrum vermittelt es eine scheinbare Unschuld, die jedoch tiefere Schichten von Konflikt und Verletzlichkeit verbirgt.
Abendlied / Matthias Claudius
Der Mond ist aufgegangen
Die goldnen Sternlein prangen
Am Himmel hell und klar:
Der Wald steht schwarz und schweiget,
Und aus den Wiesen steiget
Der weiße Nebel wunderbar.Wie ist die Welt so stille,
Und in der Dämmrung Hülle
So traulich und so hold!
Als eine stille Kammer,
Wo ihr des Tages Jammer
Verschlafen und vergessen sollt.Seht ihr den Mond dort stehen?
Er ist nur halb zu sehen,
Und ist doch rund und schön.
So sind wohl manche Sachen,
Die wir getrost belachen,
Weil unsre Augen sie nicht sehn.Wir stolze Menschenkinder
Sind eitel arme Sünder,
Und wissen gar nicht viel;
Wir spinnen Luftgespinste,
Und suchen viele Künste,
Und kommen weiter von dem Ziel.Gott, laß uns dein Heil schauen,
Auf nichts Vergängliches trauen,
Nicht Eitelkeit uns freun!
Laß uns einfältig werden,
Und vor dir hier auf Erden
Wie Kinder fromm und fröhlich sein!Wollst endlich sonder Grämen
Aus dieser Welt uns nehmen
Durch einen sanften Tod,
Und wenn du uns genommen,
Laß uns in Himmel kommen,
Du lieber treuer frommer Gott!So legt euch denn, ihr Brüder,
In Gottes Namen nieder!
Kalt ist der Abendhauch.
Verschon’ uns Gott mit Strafen,
Und laß uns ruhig schlafen,
Und unsern kranken Nachbar auch!
Das Abendlied ist eines der berühmtesten deutschen Gedichte und Lieder. Es wurde 1778 verfasst und zeichnet sich durch seine schlichte, fromme und friedvolle Stimmung aus, die Ruhe und Einkehr in der Abenddämmerung thematisiert. Claudius schafft es, eine vertraute, beruhigende Atmosphäre zu erzeugen, die viele Menschen bis heute berührt. Mehr über das Gedicht und der vollständige Text
Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland / Theodor Fontane
1. Strophe
Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland,
Ein Birnbaum in seinem Garten stand,
Und kam die goldene Herbsteszeit,
Und die Birnen leuchteten weit und breit,
Da stopfte, wenn’s Mittag vom Turme scholl,
Der von Ribbeck sich beide Taschen voll,
Und kam in Pantinen ein Junge daher,
So rief er: „Junge, wist’ ne Beer?“
Und kam ein Mädel, so rief er: „Lütt Dirn,
Kumm man röwer, ick hebb’ ne Birn.“
Das Gedicht erzählt von der Großzügigkeit des Herrn von Ribbeck und davon, wie seine Güte selbst über den Tod hinaus weiterlebt. Der Birnbaum, der aus seinem Grab wächst, symbolisiert diese Großzügigkeit und sorgt dafür, dass die Tradition der Birnengeschenke fortgeführt wird. Fontane nutzt das Gedicht, um das Thema des guten Erbes und der Erinnerung an positive Taten zu behandeln, während der egoistische Sohn als Gegenstück zur Güte seines Vaters steht. Hier ist der vollständige Text.
An die Freude / Friedrich Schiller
Freude, schöner Götterfunken,
Tochter aus Elisium,
Wir betreten feuertrunken,
Himmlische, dein Heiligtum.
Deine Zauber binden wieder,
Was die Mode streng geteilt,
Alle Menschen werden Brüder,
Wo dein sanfter Flügel weilt.Wem der große Wurf gelungen,
Eines Freundes Freund zu sein,
Wer ein holdes Weib errungen,
Mische seinen Jubel ein!
Ja, wer auch nur eine Seele
Sein nennt auf dem Erdenrund!
Und wer's nie gekonnt, der stehle
Weinend sich aus diesem Bund!Freude trinken alle Wesen
An den Brüsten der Natur;
Alle Guten, alle Bösen
Folgen ihrer Rosenspur.
Küsse gab sie uns und Reben,
Einen Freund, geprüft im Tod;
Wollust ward dem Wurm gegeben,
Und der Cherub steht vor Gott!Froh, wie seine Sonnen fliegen
Durch des Himmels prächt'gen Plan,
Laufet, Brüder, eure Bahn,
Freudig, wie ein Held zum Siegen.
Das Gedicht schrieb Schiller 1785, es ist eines der berühmtesten Werke der Weltliteratur. Es feiert die Freude als eine universelle, verbindende Kraft, die alle Menschen vereint. Das Gedicht wurde besonders durch Ludwig van Beethovens Vertonung in seiner 9. Sinfonie weltweit bekannt. Lies weiter mit:
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